Wasserversorgung in Meschede
 
 
 
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Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hatten die Häuser in Meschede ihre eigenen Brunnen. Wie unhygienisch und unappetitlich das Brunnenwasser war, sah man aber erst, als im April 1895 die neuen Wasserleitungen um die Stiftskirche verlegt wurden: Beim Ausschachten des Grabens stellte man fest, daß das ganze Gelände um die Pfarrkirche St. Walburga früher ein Friedhof gewesen war. Überall stieß man dort auf menschliche Gebeine und verfaulte Eichenbohlen alter Särge. Der Grund und Boden war vielfach wasserundurchlässig und bestand aus Ruhrkies. Bei der Ausschachtung traten Quellen zutage. Dieses Wasser hatte zunächst die menschlichen Gebeine umspült und sammelte sich dann in den Brunnen.

Am 13. April 1894 hatte die Stadtvertretung von Meschede die Anlage einer Wasserleitung beschlossen.
Man hatte schnell eine Quelle gefunden, die sowohl genug Wasser spendete als auch  hoch genug lag um das Wasser auf natürlichem Wege ohne Pumpen in einen Hochbehälter zu leiten. Die zwischen Wehrstapel und dem Nierbachtal gelegene Quelle erfüllte alle Vorausssetzungen und man hatte das notwendige Gelände erworben, obwohl es in der damals noch selbstständigen Gemeinde Eversberg lag. Die Quelle sollte an einem Tag, bei einer Temperatur von 4° C, etwa 1.200 Kubikmeter Wasser liefern. Als Kosten für die Zentralleitung mit den Einrichtungen zur Gewinnung und Speicherung des Wassers wurden etwa 150.000 Mark veranschlagt. 38.000 Mark stammten davon aus dem Gewinn der Stadtsparkasse Meschede.

Am Montag, dem 22. Oktober 1894, konnte dann der erste Spatenstich zum Bau der Wasserleitung vorgenommen werden. Zunächst mußte ein Stollen 70 m tief in den Felsen getrieben werden, um die einzelnen Quelladern restlos aufzufangen. Nachdem in dem Kalksteinfelsen, aus denen die Quelle "das schwarze Syipen" zutage tritt, eine Art Tunnel gehauen war, wurden die weiteren Arbeiten aufgenommen. Die Arbeiten für die neue Wasserleitung sollte innerhalb eines Jahres fertiggestellt werden, damit dann jeder Mescheder Bürger in den Genuß frischen Quellwassers kommen konnte. 

Nach Bekanntwerden der katastrophalen hygienischen Verhältnisse in ihren bisherigen Brunnen warteten die Mescheder besonders dringend auf die neue Wasserleitung. Man kann sich daher gut vorstellen, welche Enttäuschung das Gerücht, das Anfang Mai 1895 in der Stadt kursierte, hervorrief, die Quelle im „schwarzen Syipen“ sei versiegt. Der Stadtvorstand mit dem Wasserwerksdirektor Disselhoff besichtigte am 9. Mai die Quellfassung. Man schritt den Stollen ab und konnte an dessen Ende, wo die Quelle aus einer zwischen zwei Felsen befindlichen Lehmschicht, einer sogenannten „Naht“, hervorquoll, noch eine drei bis vier Meter lange Stange ohne Widerstand einführen. Durch einen kleinen Kunstgriff gelang es, das Wasser in einem Strahl von 25 cm Durchmesser aus dem Felsen hervorzulocken.

Abb. 1: Hochbehälter am Schultenkamp heute
Hochbehälter des Wasserwerks Meschede an der Hochstraße


Inzwischen hatten die Erdarbeiten in der ganzen Stadt die Brunnen verdorben. Man zählte im Juli bereits acht Typhusfälle, von denen zwei tödlich verliefen. Am 23. Juli sollte das erste Wasser probeweise in das Hauptbassin mit einem Fassungsvermögen von 400 m³ auf dem Schultenkamp eingelassen werden. Schon einen Tag zuvor hatte man die Leitung in Wehrstapel geöffnet, damit das Wasser auch pünktlich in Meschede eintraf. Doch man wartete von Montag bis Donnerstag vergebens. Die Quelle im schwarzen Syipen liegt 42 m höher als der Normalpegel von Meschede beim städtischen Rathaus, die Differenz zwischen dem Einlauf des Wassers in die Rohrleitung an der Quelle und dem Auslauf im Hochbehälter betrug 8 m. Es dauerte seine Zeit, bis endlich das Wasser in Meschede gemütlich ankam.

Ab August sollten alle Einwohner dauernd Leitungswasser haben. Bis auf das königliche Zeughaus und die königliche Bahn hatten sich alle an die Leitung angeschlossen. Die „Preußen“ warteten noch auf den Befehl von oben. Die Wasseranschlüsse in den Häusern mußte jede Familie selbst bestreiten. In den Häusern wurde das Bleirohr - es gab in der Regel nur eine Zapfstelle -, auf der Wand verlegt und mußte in jedem Winter gegen den Frost mit alten Säcken und Stroh geschützt werden. Wasseruhren gab es noch nicht; der Verbrauch wurde zunächst geschätzt.

Aber der Ärger hatte noch kein Ende gefunden. Man stellte nämlich bald fest, daß der Wasserzulauf in dem Hochbehälter auf dem „Schultenkamp“ sehr zu wünschen übrig ließ. Die Rohre an der Quelle dagegen konnten das Wasser nicht aufnehmen, - viel kostbares Naß floß einfach vorbei. Wie die alte Mescheder Zeitung berichtet, trat am 9. August die Ursache der Störung in Gestalt eines Pulverbeutels und eines armdicken, zwei Fuß langen Knüppels zutage,.die von dem Wasserdruck aus der Leitung herausgedrückt wurden. Ihnen folgte ein Wasserstrahl. Im Oktober aber funktionierte dann alles einwandfrei.

Endlich konnte die Stadtverwaltung bekanntgeben:

„Wie unsere Mitbürger schon jetzt aus eigener Erfahrung wissen, funktioniert das gesamte Werk ganz brillant, indem es unserer Stadt eine solche Menge des schönsten Quellwassers von tadelloser Güte zuführt, daß Tag und Nacht die Rinnspüler das überflüssige Wasser ableiten und daß auf diese Weise die Reinlichkeit in unserem auch Ackerbau treibenden Städtchen wesentlich gefördert wird, eine Tatsache, die in gesundheitlicher Beziehung nicht hoch genug zu schätzen ist. Sämtliche Jauche und sonstigen stickstoffhaltigen Stoffe, die sich in den Straßenrinnen ansammeln und in ihrer zersetzenden Eigenschaft durch Ausdünstungen die Luft verpesten, werden durch das Wasser aus den Rinnspülern direkt der Henne resp. Ruhr zugeführt. Was die Qualität des Wassers, welches uns die Leitung zuführt, anbelangt, so wollen wir bloß erwähnen, daß augenblicklich innerhalb 24 Stunden über 1000 Kubikmeter Wasser in den Hochbehälter laufen, eine Wassermasse, welche vollauf für Meschede und Arnsberg genügt, selbst wenn pro Kopf der Bevölkerung 100 Liter Wasser gerechnet wird. In Anerkennung und gerechter Würdigung der Vorteile, die unserer geliebten Vaterstadt durch das städtische Wasserwerk erwachsen, hat einstimmig die Stadtvertretung beschlossen, dieses freudige Ereignis durch ein solennes Abendessen festlich zu begehen, und zur Beteiligung daran werden die Bewohner von der Wehrstapel, Heinrichsthal, Walze und Meschede freundlichst eingeladen. Trotz des vorzüglichen Wassers, welches ihnen die Leitung zuführt, soll vom Genuß desselben bei dieser Gelegenheit abgesehen werden; es soll den Festteilnehmern vielmehr freistehen, beim Wein oder Bier ihrer Freude über das vorzügliche Wasserwerk und deren Erbauer Ausdruck zu geben.“

Im Jahre 1914 wurden zusätzliche Quellen in der Birmecke erschlossen. Auch diese Anlage wurde in das neu geschaffene Versorgungsprojekt übernommen. 1928 erwies sich eine abermalige Erweiterung als nötig; im Mengesohl wurde ein Brunnen mit Pumpanlage geschaffen, durch die das Wasser in den Hochbehälter an der Hardt (Fassungsvermögen 200 Kubikmeter) befördert wurde.

Noch am Ende des zweiten Weltkrieges, im Februar 1945, wurden in Meschede sämtliche Versorgungsanlagen wie Wasser-, Licht-, Gas-, Kanalisation- und Fernsprechleitungen zerstört. Die Instandsetzung der Wasserleitungen und die Erstellung eines neuen Hochbehälters an der Nördelt mit 500 Kubikmeter Nutzinhalt, womit der bereits vorhandene Hochbehälter erheblich vergrößert wurde. Diese Anlage - das Wasser hat sich in hygienischer Hinsicht als einwandfrei erwiesen - lieferte in Trockenzeiten bis zu 600 Kubikmeter Wasser pro Tag und mußte zu solchen Zeiten, bei dem nicht ins Gewicht fallenden Zufluß aus dem Stollen und den Quellen in der Birmecke den Bedarf so gut wie allein decken.

Die notdürftige Wiederherstellung der Entwässerungsleitungen war die vordringlichste Aufgabe nach dem zweiten Weltkrieg. Die in Betrieb befindlichen Gewinnungsanlagen reichten nicht aus, um bei trockenen Zeiten die erforderliche Versorgung bei wachsender Bevölkerungszahl zu sichern, vor allem natürlich in den höher gelegenen Teilen der Stadt. Ganz unmöglich aber war die Erschließung neuer, hochgelegener Baugelände geworden, wie etwa zwischen Ittmecke und Schederweg oder am Langeloh, da sich nirgendwo mehr brauchbare Quellen finden ließen. 1955 war der neue Hochbehälter am Krankenhaus zwar fertiggestellt, aber mit welchem Wasser er gespeist werden sollte hatte man selbstverständlich schon vorher geplant. Es blieb nur die Möglichkeit, im Mengesohl neben dem alten Brunnen und der Pumpanlage das Ruhrtal in einer Tiefe von etwa 6 m durch einen Quergraben „abzuschneiden“ und das Grundwasser in einer Filtergalerie (durchlöcherte Tonrohre, die in etwa sechs Meter Tiefe liegen) aufzufangen. Ein sogenannter Erdbehälter in der gleichen Tiefe hatte die Maße von 5 x 10 m und war aus Beton angefertigt. Mit einer Pumpe, in einem Pumpenhaus unmittelbar am Erdbehälter, wurde das Wasser zu den Hochbehältern heraufgedrückt und verteilt. Dieses Wasser war qualitativ sehr gut und entstammte nicht dem Flußwasser.

Der notwendige neue Hochbehälter am Schederweg war bereits seit dem Frühjahr 1953 in Bau. Dazu kam der Bau eines Zwischenpumpwerks an der Waldstraße; der Bau eines Hochbehälters an der Warsteiner Straße. Die Leistung der Wassergewinnungsanlage war auf ca. 3000 Kubikmeter pro Tag ausgelegt. Das gesamte Stadtgebiet (Altstadt) war in fünf Druckzonen eingeteilt, die von den Hochbehältern versorgt wurden.

Heute bedient das Wasserwerk Meschede als Eigenbetrieb in der Stadt Meschede zehn Wassergewinnungsanlagen, 18 Hochbehälter mit insgesamt 9.800 Kubikmeter Fassungsvermögen. Dazu sieben Druckerhöhungsanlagen und etwa 300 km Hauptleitungsnetz.

Quelle

www.meschede.de